Die Tür als akustisches Sinnbild für Erkenntnis

Weil Denken eine der Lieblingsbeschäftigungen der Komponistin Dorothée Hahne ist, formte diese, im Bemühen darum, die Zustände, Vorgänge und Übergänge währenddessen greifbar, begreifbar zu machen, jene Gedanken allegorisch zu den hilfreichen Bildern von Häusern, Räumen und deren Türen, durch welche die Denkende schreitet und dabei gleichsam den Leichtigkeiten, Schwierigkeiten, Zufälligkeiten der neuen Erkenntnisse vergleichbare Türen öffnet, verschließt oder einfach bewegt.
Jeder Gedanke kann einen sehr naheliegenden Gedanken haben, was nur erfahrbar ist, wenn die dazugehörende Türe durchschritten wird. Es gibt ungeahnte Möglichkeiten, dieses in bildlicher Form vorzustellen. Zum Beispiel können manche Gedanken nur erreicht werden, wenn labyrinthmäßig weitere (Gedanken)räume durchschritten werden, weil keine direkte Verbindungstüren bestehen. Oder es kann der Übergang von einem Gedanken zu einem nähstliegenden ebenso leicht oder beschwerlich sein, wie der Übergang anderer Gedanken, die sich in einer anderen Ebene (Etage) befinden. Genauso ist es möglich die Übergänge von Gedanken als Zustand wahrzunehmen, der einem in unterschiedlichsten Erkenntnissen bekannt geworden ist. So kann die Geste des Türeschlagens die Entschiedenheit des mutwilligen Vergessens erlangen…

Das auf inzwischen auf CD und als mp3 erhältliche Stück “PORTABEL – ein akustisches Selbstportrait aus sieben Türen” wurde von Dorothée Hahne im Jahr 1995 als ihr erstes rein elektronisches Werk komponiert. Technisch wurde „PORTABEL“ in der Form produziert, daß als erstes die Türen mit einem portablen DAT-Recorder aufgenommen wurden, dann mit einem EMAX II – System gesampelt und mit einem Midikontroller in eine Sequenzer-Software auf einem Atari-Computer eingegeben wurden. Weil für die hier vorliegene Version von “PORTABEL” nur 2 MB Speicherplatz zur Verfügung standen, wurde der Sequenzer mit einer analogen 8-Spurmaschine synchronisiert, so daß in mehrmaligem Aufnahmeverfahren der Speicher des Samplesystems mehrfach genutzt werden konnte.

Als akustisches Ausgangsmaterial dienen digitalisierte Aufnahmen von Türgeräuschen aus den Wohnungen, die im Laufe mehrerer Jahre von der Komponistin bewohnt wurden. Es gibt Türgeräusche und deren Transponierung in andere Tonhöhen, Ausschnitte aus diesen, geloopte (also in Schleifen wiederholte) Ausschnitte und etwas, was von der Komponistin als Spiralen bezeichnet, diese Ausschnitte auf den getrennten Stereokanälen phasenweise verschiebt, indem die Schleife des einen Kanals gering abweichend in der Länge zum anderen Kanal geändert wurde. Bei der vorliegenden Version von „PORTABEL“ verwendete die Komponistin bevorzugt naturton-intervalltypische Abstände für gleichzeitig eingespielte Samples in unterschiedlichen Tonhöhen, wodurch sich eine Art natürliche – aus dem Klangmaterial vorgegebene – Komplementär-Rhythmik entfaltet.

Der Name „PORTABEL“ ist eine Zusammenstellung der Wörter Port (lat.-frz – Zufluchtsort, Hafen), Porta (lat. – Tür/Tor) und portabel (veraltete deutsche als auch aktuelle z.B. englische Form – tragbar). In den letzten Jahren wurde “portabel” auch als englische Bezeichnung für Mobiltelefone und zuletzt auch für übertragbare Software üblich. Letztendlich soll nicht vergessen werden: Da war einer, der unter anderem sagte: ICH bin die Tür… (die Wahrheit und das ewige Leben)

Mehr Informationen über Musik, als auch CDs, mp3, Noten & Software von Dorothée Hahne gibt es im Internet unter www.dorothee-hahne.de

Dorothée Hahne – Text zur Portabel Aufführung – 4. Dezember 2010 | Kunststücke Berlin | Bianka Ahlgrimm

Antworten

*